Gnadenhochzeit in Waldesruh

Einen besonderen Tag feierten Erika und Erwin Reimann aus Waldesruh am 5. April. Genau vor 70 Jahren gaben sich beide das Ja-Wort. „Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich heute erst erfahren, dass es die Gnadenhochzeit ist. Ich kenne die Goldene Hochzeit, aber nicht was danach kommt“, gestand Erwin Reimann ganz verschmitzt hinter vorgehaltener Hand. Vertreter von der Kreisverwaltung, Bürgermeister Karsten Knobbe, der Dahlwitz-Hoppegartener Ortsvorsteher Stefan Radach und die Familie gratulierten den Jubilaren.   

„An das Wetter können wir uns am Hochzeitstag noch genau erinnern. Es war kühl, aber strahlender Sonnenschein und Ostersonnabend. Einen Tag später regnete es, als ob die Welt untergehen würde. Schon da haben wir alles richtig gemacht“, sagte lachend Erwin Reimann. Mopsfidel ist der bald 95-Jährige und seine Augen leuchten wenn er sich an alte Zeiten erinnert. „Stimmt doch oder?“, fragte er seine zwei Jahre jüngere Frau, die mit einem Lächeln im Gesicht zustimmte: „Ja, wir haben alles richtig gemacht“.

Gefunkt hat es beim Tanz im Dorfkrug von Großderschau im heutigen Havelland. „Wenn bei Capri die Sonne im Meer versinkt war der große Hit“, erinnerten sich beide und daran, dass es Liebe auf den ersten Blick war. In Großderschau hatte Erikas Familie einen Bauernhof und Erwins Mutter führten die Kriegswirren aus der Danziger Straße in Berlin dorthin. Nach dem Kriegsdienst im Januar 1946 kam Erwin nach und so nahm die Geschichte seinen Lauf. Zwei Monate vor dem Hochzeitstermin kam Tochter Eleonore zur Welt. „Den Namen hatte meine Mutter ausgesucht“, erklärte Erika. Während sie auf dem elterlichen Hof mitarbeitete, wurde Erwin bei der Arbeitssuche in Berlin fündig. Mal sahen sie sich so mehrere Wochen nicht, doch bald hatten sie genug Geld für eine Wohnung in Berlin zusammen. Bei einem Grundstück in Waldesruh mit beschädigtem Haus wurden beide schwach und die erste gemeinsame Wohnung wurde am 29. Januar 1953 bezogen. Er arbeitete beim Funkwerk Köpenick und jeder ersparte Pfennig floss in Haus und Garten. Als Horterzieherin war Erika später tätig. Eine Arbeit, die ihr sehr viel Spaß machte.

„Das hier ist unser gemeinsames Hobby“, antworteten beide gleichzeitig lachend auf die Frage und zeigten in den Garten. „Den halten wir auch noch ganz alleine in Schuss“, sagte Erwin zurecht nicht ohne Stolz. Frühlingsblumen reckten sich in Töpfen der Sonne entgegen, der Rasen ist trotz der vielen Kiefern satt grün und Rosen sprießen in die Höhe. „Der hält uns jung“, fügte er hinzu und hatte schon neue Blumenkästen zum Bepflanzen herausgesucht.

Einige Reisen haben beide gemacht, ansonsten hat es beide nicht weit aus Waldesruh geführt. „Wir brauchen das nicht. Wir sind sehr bodenständig, können uns an kleinen Dingen freuen und haben ja immer zu tun“, sagte Erwin.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass wir mal großen Streit hatten“, sagte Erika. „Wir sind immer aufeinander zugegangen, dass ist wohl unser Geheimnis“, erklärte sie weiter. „Mann muss es aber auch wollen, miteinander auskommen und “, ergänzte Erwin. Erst im Januar hatte er seiner Frau einen neuen Ehering gekauft. Den alten hatte sie beim Wäscheaufhängen im Garten verloren. Und ganz ohne Ehering, dass geht auch nach 70 Jahren nicht, hatte er sich gedacht.

Mit den Eheringen ist es bei den Reimanns sowieso so eine Geschichte. Die ersten zur Hochzeit kaufte er für viel Geld auf dem Schwarzmarkt. „Es gab doch sonst keine“, verteidigte er sich noch heute. Die waren zwar im Inneren mit fremden Initialen und einem anderen Hochzeitsdatum versehen, aber das störte beide überhaupt nicht. In den 1970er-Jahren fand er durch Zufall bei einem Juwelier im Schaufenster zwei Ringe. „Ich habe die gesehen und sofort gekauft“, sagte er und sie wurden die ersten richtig eigenen Trauringe.                   

„Gesundheit, ganz viel davon“, wünschen sich die beiden Jubilare von der Zukunft. „Die 100 machen wir doch noch voll oder?“, fragte daraufhin augenzwinkernd Erwin seine Erika. „Und wir wünschen uns, dass jeder ein so gutes Leben hat wie wir“, sagten beide gemeinsam, bevor er sie ganz behutsam in den Arm nahm zum gemeinsamen Foto.

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