„Wir wollen nie wieder weg“ – Ruth und Dietrich Fangohr feiern Diamantene Hochzeit

Ruth und Dietrich Fangohr

Ohne Ruth und Dietrich Fangohr wäre das gesellschaftliche Leben in Hoppegarten wohl eine ganze Ecke langweiliger. Ruth ist Kassiererin in der AWO Dahlwitz-Hoppegarten und da immer ganz vorn mit dabei, wenn eine helfende Hand gebraucht wird. Das Birkenstein-Lied und andere Kompositionen stammen aus der Feder von Dietrich, der auch einst den AWO-Männerchor begründete und auf unzählige musikalische Auftritte in der Region zurückblicken kann. 60 Jahre sind die beiden seit dem 4. Januar verheiratet und sie würde es sofort wieder tun – fast ein ganzes Leben lang in guten wie auch in schlechten Zeiten zusammenhalten.
„Wir möchten das heute gar nicht so groß feiern. Am Wochenende treffen wir uns in Familie mit unserer Tochter, den zwei Enkeln und unserem Urenkel“, verriet Ruth Fangohr im Vorfeld, doch saßen im gut gefüllten Wohnzimmer der Jubilare die Gratulanten Bürgermeister Karsten Knobbe, Ortsvorsteher Stefan Radach sowie Vertreter vom Chor und von der AWO-Ortsgruppe beieinander.
Eigentlich kennen sich die beiden seit dem zwölften Lebensjahr. Dietrich wurde 1933 in Wolmirstedt (Sachsen-Anhalt) geboren. Zur Schule ging er später in Angern, war dort der „Hans Dampf in allen Ecken“, wie er selbst über sich sagt. Das blieb der gleichaltrigen Ruth nicht verborgen, die am Niederrhein geboren ihre Kindheit im thüringischen Rudolstadt verbrachte. Als sie zwölf war musste ihre Familie nach den Kriegswirren 1945 nach Angern umziehen. Und da drückten die beiden dann zusammen die Schulbank.
„Er war gar nicht mein Typ. Damals standen wir Mädchen auf ältere Jungs. Aber Dietrich hatte als Musiker schon viele Verehrerinnen“, plauderte Ruth lachend aus dem Nähkästchen. So wie sein Vater musizierte Dietrich schon früh in der Dorfkapelle. Er spielte Akkordeon, Vater Klaus Geige und Mandoline.
Nach der Schule trennten sich vorerst die Wege von Ruth und Dietrich. Er sollte sich auf einem Bauernhof von Verwandten in der Lüneburger Heide verdingen. „Es gab zehn Mark im Monat und ich wurde dort sehr schlecht behandelt“, erklärte Dietrich den nur kurzen Aufenthalt dort. Dann fand er zurück in seiner Heimat eine Lehrstelle als Tischler – sein Traumberuf. Ruth hantierte schon immer gern mit Zahlen und so war klar: Sie lernte Bankkauffrau und war später auch lange Jahre als Buchhalterin tätig.
Dietrich zog es dann zur Polizei. In Magdeburg war er als Abschnittsbevöllmächtigter tätig, bevor es den Wirbelwind in die Großstadt nach Berlin zur Schutzpolizei zog. Dort wurde man auch auf sein sportliches Talent aufmerksam. „1953 kam ich in den Leichtathletik-Kader der DDR. Doch nach einem Jahr wurde ich wieder aussortiert, da keine signifikanten Steigerungen erkennbar waren“, erklärte Dietrich. An den 10,6 Sekunden über 100 Meter sowie 7,50 Meter im Weitsprung vom jungen Fangohr beißen sich heutzutage noch einige deutsche Spitzensportler die Zähne aus. In Berlin erreichte Dietrich dann auch eine Geburtstagskarte von Ruth und ihrer Freundin Hildegard. „Irgendwie waren wir ja immer in Kontakt“, erklärte die Jubilarin. Der verfestigte sich dann, als Dietrich 1956 wieder nach Magedeburg versetzt wurde. „Dann ging alles Ruck-zuck“, sagte Dietrich – „Moment mal, ein wenig zappeln lassen habe ich Dich schon“, entgegnete Ruth mit einem Augenzwinkern.
Zumindest wurden beide ein Paar und am 4. Januar 1957 klingelten die Hochzeitsglocken. „Bei minus 13 Grad draußen fiel der weiße Flieder als Hochzeitsstrauß schon auf der Treppe des Standesamtes zusammen“, erinnerte sich Dietrich an das entschiedene Ereignis in seinem Leben. 1959 kam Tochter Birgit auf die Welt. „Bessere Eltern hätte ich mir überhaupt nicht aussuchen können und das ist keine schnell daher gesagte Floskel“, erklärte die 58-Jährige. Zusammen erkundete später die Familie mit dem Rad die Umgebung Magdeburgs. Ein Hobby, dass die drei auch in ihren weiteren Stationen beibehielten.
Auf den Sportschützen Fangohr wurden später auch DDR-Cheftrainer aufmerksam. Nach dem Vorschießen mit der freien Pistole dauerte es vier Wochen bis ich in den Olympiakader aufgenommen wurde“, erinnerte sich Dietrich. Das hieß jedoch für die Familie, dass der Vater in Hoppegarten trainieren musste. „Ich wollte nicht dahin, doch später führte daran kein Weg vorbei“, erzählte Ruth. So führte der Weg der Fangohrs, der Nachname stammt laut Ahnenforscher von den Aalfängern der Elbregion, vorerst nach Berlin. Später fand sich ein Hoppegartner Wohnungstauschpartner, der unbedingt in die Großstadt ziehen wollte. „So hatten wir dann unsere 2,5-Zimmerwohnung hier, aus der wir am liebsten nie wieder weg wollen – die Nachbarschaft ist einfach einmalig“, sagte Ruth.
Von 1962 bis 1970 war Dietrich als Mitglied der Nationalmannschaft auf Welt- und Europameisterschaften unterwegs. Sein größter Erfolg war 1070 das WM-Silber mit der Mannschaft im tschechischen Pilsen.
Wirklich ruhiger wurde es danach für die beiden Jubilare nicht. Dietrich war als Trainer tätig, Musik spielte eine große Rolle, 2007 gründete er den AWO-Männerchor, wunderschöne Naturzeichnungen von ihm hängen an der Wohnzimmerwand und die Tischlerei in vielfältiger Form blieb sein Hobby. Erholung fand die Familie besonders in Winterurlauben auf Ski, ihrem kleinen Garten und in der Zeit, die sie miteinander verbrachten. „Wissen Sie, ich hätte das alles nicht so machen können, wenn mir Ruth nicht immer den Rücken freigehalten hätte. So gesehen habe ich im Leben alles richtig gemacht, besonders mit Ruth“, sagte Dietrich nach den 60 gemeinsamen Jahren.

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